Erlebnisse aus Südthailand II - Letzte Wolken und vom Leben der Sagai
Über uns Unsere Reiseangebote Buchung Südthailand & Leute Kontakt
Das Blasrohr, die Jagdwaffe der Sagai I
Ganz vorsichtig, um jegliche Geräusche zu vermeiden und um einen freien Blick auf die Lichtung zu bekommen, werden die Blätter zur Seite geschoben. Diese dichten primären Urwälder verzeihen keinen Fehler; kein Ast darf knacken, kein Laub rascheln. Schon die kleinste Unachtsamkeit entscheidet über Erfolg oder Misserfolg einer Pirsch. Mit ruhiger Hand wird das Blasrohr in optimale Schussposition gebracht. Dann holt der Jäger einen jener filigranen Giftpfeile aus seinem Köcher und schiebt ihn an der Mundstückseite in den glatt geriebenen Schusskanal. Mit kurzem, aber kräftigen Luftstoß wird der Pfeil in Zielrichtung torpediert und macht das Blasrohr zur lautlosen, absolut tödlichen Waffe.
Solche oder ähnliche Jagdszenen spielen sich im südthailändischen Dschungel ab, also da, wo das Blasrohr bis in die heutige Zeit Verwendung findet. Es wird überwiegend auf der Jagd nach Wildschweinen, Waranen, Affen, Vögeln sowie anderen kleineren Säugetieren eingesetzt. Kriegerische Auseinandersetzungen finden sowieso nicht mehr statt, außerdem fand da das Blasrohr eher seltener Verwendung, weil die Sagai glauben, dass Blasrohr tauge dann nicht mehr zur Jagd. Die Herstellung kann sehr kompliziert sein und lange dauern.
In Südostasien werden, im Gegensatz zu denen der Indianer Südamerikas, die Rohre exklusiv aus Bambus gefertigt. Sie sind wesentlich leichter und auch kürzer als ihre südamerikanischen Gegenstücke, erreichen aber auch schon Längen von 2,5 m. Die Waffe besteht aus mehreren Teilen – dem äußeren, stabilen Schutzrohr sowie, je nach Länge, zwei Innenrohren. Verwendung finden nur die mit exakt gleichen Innendurchmessern versehenen, hohlen Rohre zwischen den Knotenstücken, den Internodien, welche den Schusskanal bilden.
Die Innenrohre werden über Feuer erhitzt und gerade gebogen. Dieses Ausrichten ist natürlich entscheidend für die spätere Qualität und die damit verbundene Treffgenauigkeit des fertigen Blasrohrs. Zusammengehalten werden die Rohre über eine dünne Holzmuffe, welche am Außendurchmesser mit feinem Rattan fest umwunden ist. Unter Nutzung von Bienenwachs und Baumwolle und vor allem ohne die Verbindung zu lösen, wird der Schusskanal fest in das Außenrohr verankert. Kleine Unebenheiten am Durchmesser des Schusskanals werden mit Rattan abgeschliffen. Als Zielvorrichtung dient ein etwa 25 cm langer Holzstab, der mit Bienenwachs in Längsrichtung am Blasrohrende verklebt wird. Die Mundstückseite hält ein kunstvoll geflochtener Lianenring zusammen.
Die bis zu 30 cm langen Pfeile stammen aus der sehr harten Stengelunterseite der Sagopalme. Der Schaft wird mit einem scharfen Messer auf einem Durchmesser von 3 mm abgeschabt. Mit vollkommener Präzision werden anschließend die Pfeilspitzen herausgearbeitet. Aus dem weichen Mark der gleichen Palmenart wird dann ein kegelförmiger Dichtpfropfen, der dem Durchmesser des Schusskanals entspricht, geformt und mit Harz am hinteren Ende des Pfeiles verklebt. Aber auch Baumwolle – das Material wird wie eine Manschette etwa eine Handbreit unterhalb des Pfeilendes aufgedreht – eignet sich für einen luftdichten Abschluss.
Zum Schutz und zur Aufbewahrung der Pfeile dient ein etwa 40 cm langer, zweiteiliger Köcher aus Bambus. Bis zu 30 der zerbrechlichen Projektile können im Unterteil sicher verstaut werden. An der Oberseite der gut abgedichteten Kappe ist ein Klumpen Bienenwachs angeklebt.


[Zurück] / [Weiter]
[Disclaimer] [Impressum]  [Seitenanfang] Stand: 01.2010